50 Jahre Camarakreis Nieder-Olm e.V.

In diesem Jahr feiern wir in unserer Pfarrgemeinde 50 Jahre Camarakreis Nieder-Olm e.V. und auch das Camarahaus wird 50 Jahre alt. Darüber hinaus gedenken wir dem 25jährigen Todestag von Dom Hélder Câmara, dessen Wirken und Handeln Anlass war, den Verein - zu Beginn noch „Eine-Welt-Gruppe“ - und das Pfarrheim nach ihm zu benennen.
Das Leben von Dom Hélder Pessôa Câmara, sein Engagement, seine Haltung … möchten wir in den folgenden Pfarrbriefen vorstellen und ihnen so diesen Bischof, der als „Anwalt der Armen“ bezeichnet wird, näherbringen.

"Dom Helder, wenn wir an dich erinnern,
so tun wir es aus Respekt vor dem, was du warst, vor dem, was du erduldet, und vor dem, was du bewirkt hast. Aus Bewunderung für deinen Lebensweg, den du nicht über Prachtstraßen im Wagen gereist bist, sondern zu Fuß und per Anhalter in den schmuddeligen Gässchen der Armenviertel. Vielleicht auch aus Faszination für deine Radikalität, deine Eloquenz und deinen Humor, deine Einfachheit im Lebensstil und in der Liebe und aus Dankbarkeit für das Geschenk, das du für die Armen Recifes gewesen bist, für die Kirche in Brasilien, für die Kirche in der Welt von heute. Vor allem aber hoffen wir, dass du uns auf die Spur bringst, der Zeichen Gottes in unserer alltäglichen Welt, im Leid unserer Geschwister uns ermutigst zum genauen
Hinsehen, zum Kräfte Sammeln in Stille und Gebet, zum gewaltlosen Kampf für eine menschlichere Welt. Dass ein Funke deiner Fröhlichkeit auf uns überspringe und das Düster der Resignation vertreibe, die Zweifel, die uns wie Räuber im Dunkel überfallen. Dass in uns etwas von deiner Leidenschaft wachse, deiner unerschütterlichen Leidenschaft im Glauben und in der Liebe zu den Armen, dass du uns von deinem Traum erzählst, der der Traum Gottes ist, der Traum von Gerechtigkeit und Leben."
(Julia Stabentheiner)


Geboren wurde er am 7. Februar 1909 in Fortaleza/ Ceará im Nordosten Brasiliens
als elftes von 13 Kindern. Fünf seiner Geschwister starben schon in jungen Jahren an Diphterie, weil es an medizinischer Versorgung fehlte.
Gerne hätte ihn seine Mutter José genannt – aber sein Vater entschied sich für „Hélder“. Diesen Namen, der „klar“ und „hell“ bedeutete, hatte er in einem Lexikon gefunden. Nomen est omen?
Sein Vater João Câmara Filho war von Beruf Buchhalter und nebenbei Journalist. Für ihn als Freimaurer war es nicht selbstverständlich, dass seine Kinder katholisch getauft werden.

 

Aber Hélders Vater war zwar Freimaurer, aber nicht ungläubig. Er war weder antireligiös und schon gar nicht antichristlich. Dom Hélder Câmara sagte dazu: „Es schien mir und scheint mir auch heute noch, daß es sich vielmehr um eine Reaktion gegen gewissen Haltungen der Kirche hier und da handelte, vielleicht auch gegen gewissen Priester.“


Grundsätzlich war die religiöse Erziehung der Kinder Sache von Hélders Mutter. Donã Adelaide Pessôa Câmara war eine gläubige Frau, die allerdings selbst auch – nach Aussagen Hélders – nur einmal im Jahr zur Kirche ging.


Hélder blieb – im Gegensatz zu vielen anderen Kindern in seiner Heimat – das Los eines lebenslangen Analphabetentums erspart, denn seine Mutter war Grundschullehrerin und prägte ihn über das Schulische hinaus in besonderer Weise. Neben Lesen, Schreiben und Rechnen lehrte sie ihn auch ein tiefes Empfinden für Gerechtigkeit und Achtung aller Menschen. „Ihr verdanke ich, daß ich es nicht fertigbringe, das Brot, das ich mit meinem Nachbarn, meinem Bruder teilen könnte, allein zu essen.“
Schon früh – im Alter von etwa acht Jahren – stand für den jungen Hélder fest: „Ich möchte Priester werden!“. Mit dem Segen der Eltern, die ihn trotz knapper finanzieller Ressourcen so gut wie möglich unterstützten, trat er am 2. September 1923 im Alter von erst 14 Jahren ins Seminar ein.                                                  

Schon früh – im Alter von etwa acht Jahren – stand für den jungen Hélder fest: „Ich möchte Priester werden!“. Mit dem Segen der Eltern, die ihn trotz knapper finanzieller Ressourcen so gut wie möglich unterstützten, trat er am 2. September 1923 im Alter von erst 14 Jahren ins Seminar ein.

 

In dieser Zeit gab es das kleine Seminar und danach das große, manchmal ein Vorseminar und gelegentlich ein Ferienseminar. Kurzum – von frühester Kindheit an bis zur Priesterweihe wurde der künftige Priester beschützt, beschützt und nochmals beschützt. Kontakt zur Außenwelt gab es wenig bis gar nicht. „Es ist seltsam: wir Seminaristen hielten es damals für durchaus normal, uns für den Dienst am Volk vorzubereiten, indem wir uns jahrelang, elf, zwölf, dreizehn Jahre vom Volk fernhielten.“

Dom Hélder war ein begeisterter und begabter Schüler. 1Aber es gibt auch Probleme: Manches Verbot und manche Entscheidung seiner Lehrer erscheinen ihm unlogisch und er ist nicht bereit, sie kritiklos hinzunehmen ...

In Rio verbreitete eine Professorin theologische Irrtümer, und Câmara schreibt mit Billigung eines Rektors unter einem Decknamen die Entgegnung. Bald geht es in der Tageszeitung hin und her, die ganze Stadt nimmt Anteil. Auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzung wird Camara zum Generalvikar gerufen. "Sind die Berichte von dir? Camara, in Erwartung, vom Generalvikar höchstes Lob als Verteidiger des  Glaubens zu erfahren, antwortet voller Stolz: Ja, mein Vater". Die Antwort des Generalvikars ist niederschmetternd: "Dann wisse, dass dies dein letzter Bericht war".

Alles Bitten Héders nützt nichts, der Generalvikar bleibt bei seiner Meinung. In Camara bricht innerlich der Sturm los, denn zu allem Überfluss ist die Professorin eine Schwägerin des Generalvikars. Er eilt aus dem Zimmer. In der ersten Erregung kommt ihm der Gedanke, den Weg zum Priestertum aufzugeben, ja selbst sein Glaube gerät in Gefahr. Doch dann geht er in die Kapelle und nimmt sich vor, nicht eher wegzugehen, bis er ruhig geworden ist. Nach zwei Stunden legt sich der innere Sturm, es fällt ihm ein Schrifttext ein: "Martha, du machst dir Sorgen und Unruhe um viele Dinge: eines aber nur tut not: Maria hat gewählt. Und er begreift, dass das, was ihm als Verteidigung der Wahrheit zu sein schien, eigentlich Hochmut war.

Dom Hélder sprach über diese Erzählung als die erste große Demütigung seines Lebens: „Gott schickt uns jeden Tag ein paar kleine Erniedrigungen und während unseres ganzen Lebens ein paar große“.

Noch im Seminar trat Câmara freiwillig in die Liga der Arbeitsmissionare ein und half auf diese Weise mit, ihre geistliche und soziale Lehre zu verbreiten.

Als Schwachpunkt in der Seminarausbildung bezeichnete er, dass wenig oder kein Wert auf den sozialen Aspekt gelegt wurde. Kein einziger Professor sei von den großen Problemen der Menschheit bewegt gewesen.

Mit 22 Jahren wurde er zum Priester geweiht. Als geschickter Organisator, der gleichzeitig mutig und unermüdlich war, betraute ihn der der Bischof zunächst mit dem Aufbau katholischer Organisationen. Er war in leitender Stellung des brasilianischen Bildungsministeriums tätig, förderte die sozialen Wochen, auf denen Laien, Ordensleute, Priester und Bischöfe über die Probleme seines Landes und die Aufgabe der Kirche diskutierten.

1952 – Dom Hélder war bereits Weihbischof – wurde er erster Generalsekretär der brasilianischen Bischofskonferenz, für deren Gründung sich Câmara nachdrücklich eingesetzt hatte. Drei Jahre später organisierte er dann in Rio den „Eucharistischen Kongresses“– eine Großveranstaltung, die maßgeblichen Einfluss auf sein künftiges Leben und Wirken hatte. Kardinal Pierre-Marie Gerlier (Lyon) stellte ihm die Frage: „Wie kann es angehen, dass wir alle den Eucharistischen Christus in unserer Mitte verehren und den Christus übersehen, der buchstäblich am Rande lebt, in den Armen in den Favelas von Rio de Janeiro?“ Ab diesem Moment stellte er seine Arbeitskraft, sein Tun und sein Charisma in den Dienst der Armen:

 

"Mit welchen Worten gebietet Jesus uns, die Mitmenschen zu lieben? Er sagt: Wir sollen den Nächsten lieben. Das ist das Problem. Wir lassen uns leicht rühren, wenn wir von einem Unglück in einem fernen Land hören, wo Tausende obdachlos geworden sind. Schwierig, ja hart ist es, den zu lieben, der in unserer Nähe wohnt: den Nachbarn, den Arbeitskollegen oder das Gemeindemitglied.“ (Dom Hélder Câmara)

 

Andrea Keber

Weiter geht es im kommenden Pfarrbrief …

Geplante Veranstaltungen und Gottesdienste im Jubiläumsjahr

Gottesdienst zur Nieder-Olmer Kirchweih mit dem Schwerpunkt "Camara"

Sonntag, 1. September 2024, 10.45 Uhr, Kirche St. Georg Nieder-Olm
"Solidaritäts-Abend" - Essen und kulturelles Programm

Freitag, 22. November 2024, Camarahaus Nieder-Olm

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